Newsletter Mai 2011

Postkarten-blauer Himmel – irgendwo in der Nähe krähen seit Stunden Hähne um die Wette und übertönen das rhythmische Rauschen der Seebrandung.
Das angenehm kühle Lüftchen genießend nehmen wir den Nachteil des strengen Geruchs in Kauf, der uns heute von den tausenden von Mikrofischen (Usipa) herüberweht, die nicht weit von uns entfernt - ausgebreitet auf meterlangen Holzgestellen - zum Trocknen in der Sonne liegen. Wir sind wieder hier – in Malawi – in Kunyumba.
Vor genau einem Jahr flogen wir mit etwas gemischten Gefühlen nach Hause, wohl wissend, dass Maaike nach England gehen und wir einem Einheimischen Kunyumbas Leitung anvertrauen würden.
Nun können wir uns hier mit eigenen Augen davon überzeugen: Alles läuft bestens. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Peter für Kunyumba ein wahres Gottesgeschenk ist. Seine ruhige Autorität und sein freundliches, aber konsequentes Auftreten wirken sich auf alle Kinder sehr positiv aus. Selbst Ibrahim, den bislang niemand so wirklich in den Griff bekam, verhält sich schon beinahe angepasst.
Mery, die man aufgrund eines undefinierbaren Ekzems auf der Kopfhaut nur mit geschorenen Haaren kannte, trägt nun einen natürlich gewachsenen Kurzhaarschnitt. Peter hat tatsächlich eine Klinik ausfindig gemacht, die sowohl die richtige Diagnose stellen als auch eine wirksame Salbe verordnen konnte.
Auch von Joyce gibt es Erfreuliches zu berichten. Ihre sich ständig wiederholenden epileptischen Anfälle bleiben nun schon seit langer Zeit aus, weil sich Peter persönlich um die regelmäßige Einnahme ihres Medikaments kümmert. Vermutlich war Joyces Mutter mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe überfordert.
Und nun zu Sem. Seine Veränderung ist wirklich unübersehbar, nachdem er nun ein vollwertiges Mitglied in Peters Familie geworden ist. Dieser ernste, fast erwachsen wirkende Junge begegnet uns nicht mehr gesenkten Hauptes. Mit strahlenden Augen hält er nun selbstbewusst den Blicken seines Gegenübers stand. Wenn ihm hin und wieder seine Tante einen Besuch abstatten will, verkriecht er sich und keinerlei Überredungskünste können ihn dazu bewegen, aus seinem Versteck hervorzukommen.
Jetzt bleibt abzuwarten, ob seine seelische Stabilität vielleicht auch irgendwann seine Lernblockade löst.
An einigen Tagen in der Woche erteilt Kettie den Kindern im Garten Englischunterricht. Es ist traurig mit anzusehen wie schwer Sem das Lernen fällt.
Seit einigen Monaten sind unsere Kinder und Mitarbeiter krankenversichert - für Malawier ein Luxus, im Besitz einer solchen Versichertenkarte zu sein. Nun kann sich Kingless endlich eine Zahnbehandlung leisten, ihre Schneidezähne haben es schon viel zu lange dringend nötig. Danach ist Peter an der Reihe. Die Fertigkeiten aller “Zahnärzte“ der näheren Umgebung gehen über das Zähneziehen leider nicht hinaus. So haben wir nun in der Hauptstadt eine Dental-Clinic ausfindig gemacht. Was immer sich hinter diesem Begriff verbirgt, wir werden es morgen gemeinsam mit der Patientin in Erfahrung bringen.
Vieles, was wir in Deutschland  fast achtlos so ganz nebenbei erleben oder erledigen, wird hier zu einem Event, ob das nun dieser Zahnarztbesuch ist oder die frohe Botschaft, dass es wieder Benzin zu kaufen gibt oder einfach nur das Geräusch des anspringenden Kühlschranks nach längerem Stromausfall.

Ich sage Tschüß für heute,
bis nächstes Jahr!
Vera Kleinstoll




Kunyumba e.V.
Am Beethovenpark 40
D-50935 Köln