Newsletter Mai 2013
 

„Habt ihr noch mehr Kinder geplant?“ fragte ich George, Diethelms ehemaligen Kollegen aus der Klinikzeit in Senga Bay. „Unser erstes Kind war ja nur ein Mädchen und jeder Malawier wünscht sich einen Jungen. Ein Mädchen zu haben ist zwar besser als kein Kind, aber ich hätte doch gerne noch einen Jungen.“ Ich konnte meine Enttäuschung über seine Äußerungen nicht ganz verbergen, ging ich doch davon aus, dass George zu den wenigen in Malawi zählt, die fortschrittlich denken und gebildet sind. Und nun entspann sich eine lebhafte Diskussion über Gleichberechtigung der Geschlechter und über die Rolle und Nachteile der Frau in der afrikanischen Gesellschaft. Ich ließ mich gerne belehren, dass es hier nicht allein um das Problem der Gleichstellung der Frauen geht,
George öffnete mir ganz neu die Augen über die Schwierigkeiten und Sorgen, die man hier als Eltern einer Tochter zu erwarten hat, schon beginnend in der Kindheit mit der ständigen Angst vor sexueller Vergewaltigung. Weit verbreitet in Afrika ist ja die Vorstellung, durch Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau oder einer sehr alten Frau von HIV geheilt zu werden.
Das nächste große Problem kündigt sich an, wenn die Tochter schwanger wird. Viele Frauen sterben immer noch bei der Geburt oder an Aids und dann werden die Kinder ganz selbstverständlich in die Obhut der Großmutter gegeben. Der Vater macht sich aus dem Staub und übernimmt nur in seltenen Fällen Verantwortung für seine Kinder.
Allein in Kunyumba haben wir bislang 5 dieser Kinder aufgenommen, deren Großmütter total überfordert sind, sowohl kräftemäßig – sie arbeiten tagsüber auf dem Feld  – als auch wirtschaftlich.
Letzte Woche stand eine Agogo (Oma) mit Zwillingen an unserem Tor - der Dorf-Chief hatte sie an uns verwiesen - und bat um Aufnahme ihrer beiden kleinen Enkelkinder in Kunyumba. Weil zwei unserer Kinder, Fatima und Liness, wegen Umzug nicht mehr kommen können, hatten wir zufällig noch diese 2 Plätze frei. Prisca und Priscilla (fast 3 Jahre alt) durften für 3 Tage auf Probe kommen, sie integrierten sich problemlos, und wir konnten die Großmutter mit der Entscheidung glücklich machen, dass ihre Enkelkinder bei uns willkommen sind.
Nun steht eine weitere Aufnahme an: Lucy ist auch 3 Tage zur Beobachtung hier. Sie ist so schwer behindert, dass wir schauen müssen, ob unsere Mitarbeiter mit ihr zurecht kommen. Sie war nach  einer Meningitis halbseitig spastisch gelähmt, leidet an Epilepsie und ist so stark geistig behindert, dass sie eine Rund-um-Betreuung braucht.
In meinem Newsletter vom letzten Jahr habe ich von Hawa, Zainabs hübscher junger Mutter und ihren menschenunwürdigen Lebensbedingungen berichtet. Eine belgische Freundin von Maaike kam im letzten Sommer hier her und hat sich des Problems angenommen. Sie kaufte mit Peters Hilfe – hier im Dorf ganz in unserer Nähe - ein einfaches Haus für sie. Gestern statteten wir ihr einen Besuch ab, um uns mal von ihrem neuen Zuhause - im wahrsten Sinne des Wortes - ein Bild zu machen
(s. Foto). Einer ihrer Zwillinge ist zwar mittlerweile gestorben, trotzdem wirkte sie auf uns richtig glücklich. Wovon sie aber nun lebt, kann mir niemand wirklich beantworten.

In der ersten Hälfte unseres „Urlaubs“ hatten wir jede Menge zu tun und zu regeln, und nun freuen wir uns noch auf eine entspanntere 2. Hälfte mit der obligatorischen Mitarbeiterversammlung bei Kaffee und Kuchen und einem weiteren Höhepunkt: ein Ausflug mit Picknick zu einem Spielplatz in der Hauptstadt Lilongwe.


Tionana chaka cha Mawa!
(Tschüss bis zum nächsten Jahr!)

Vera Kleinstoll

Kunyumba e.V.
Am Beethovenpark 40
D-50935 Köln