Newsletter Dezember 2010
 
Nach der Eröffnung unseres Projekts vor mehr als einem Jahr war es für mich nun der erste Besuch in Kunyumba, sowie der erste in Malawi zu dieser Jahreszeit.
Während man in Senga Bay sehnsüchtig auf Niederschlag wartete, hatte in der 100 km entfernten Hauptstadt Lilongwe bereits die Regenzeit begonnen. Die ersten Vorboten in Form von kurzen Schauern verdampften binnen Sekunden auf der staubigen rotbraunen Erde – umso mehr erschien mir Kunyumba mit seiner künstlich bewässerten Vegetation wie eine Oase inmitten ausgetrockneter Dorflandschaften - ein Eindruck, der durch den warmen Empfang nur noch bestärkt wurde und die gelebte Bedeutung von Kunyumba (in der Landessprache Chichewa: Kunyumba = mein zu Hause) spürbar werden ließ, obwohl mir die Hälfte der Mitarbeiter und Kinder durch Zuwachs vergangener Monate selbst noch fremd war.

So konnte ich während meines Aufenthalts endlich unsere Neuzugänge kennen lernen,  Zeuge der Entwicklungen derer werden, die ich bereits kannte und mich an der Interaktion der „Patchwork-Familie“ mit unterschiedlichsten persönlichen Hintergründen erfreuen.

Neue Mitglieder der Familie sind Stand letztem Newsletter vom Juli 2010 Richard und Gift:

Nach dem Verlust von Mutter (vor 4 Jahren) und Vater (vor einem Jahr) hat der achtjährige Richard nun in Kunyumba ein neues Zuhause und damit eine Perspektive für sein junges Leben gefunden. Mit seinem Ballgefühl ist er selbst den älteren Kindern hoch überlegen, während er - aus Mangel an Fürsorge –  noch keinerlei  Erfahrung mit einer Schule vorweisen konnte. Dank Kunyumba besucht er nun seit September die hiesige Grundschule, wo nach den Weihnachtsferien im Januar mit Term II von  Form I (engl. Schulsystem) das Schuljahr für ihn seine Fortsetzung findet. Nach Feierabend in unserer Kindertagesstätte ist er bei der Mutter unserer Angestellten Kettie untergebracht. Ganz besonders rührend ist sein Sozialverhalten in der Gruppe, insbesondere den Kleineren und Bedürftigeren gegenüber. Auch ohne Geschwister ist es für ihn, wie auch für die meisten malawischen Kinder, eine Selbstverständlichkeit sich nach dem Vorbild von Eltern der Jüngeren anzunehmen.

Gift (engl.: Geschenk) ist erst 5 Jahre alt. Nach einer zu  spät erkannte Meningitis hörte er vor einem Jahr plötzlich auf zu sprechen und zeigte auch andere Verhaltensauffälligkeiten, die nunmehr seine permanente Aufsicht erfordern. Aufgrund der Berufstätigkeit beider  Elternteile verbrachte er seither seine Wochentage völlig allein gelassen in einer Hütte. Allein die wieder gewonnene Bewegungsfreiheit sowie Interaktion mit anderen in Kunyumba haben bereits ein ausgeglicheneres und spürbar zufriedeneres Kind aus ihm gemacht. Zugegebener Maßen verlangt er unseren Mitarbeitern derzeit am meisten ab. Dennoch sind wir in Anbetracht offensichtlicher positiver Veränderungen und Erfahrungen mit Mtima, der ähnliche Hintergründe teilt, zuversichtlich hinsichtlich seines weiteren Entwicklungspotentials.

Alleine in den wenigen Wochen meines Besuches lief Mtima einige Male von zu Hause fort und fand auch bei stockdunkler Nacht alleine den Weg zu Kunyumba.
Mit dem Wissen um den positiven Ausgang freue ich mich rückblickend über den großen Aufruhr in der Nachbarschaft, den sein Ausbüchsen jedes Mal verursachte, der gezeigt hat, dass „unsere“ behinderten Kinder durch die  Aufnahme in Kunyumba mittlerweile eine ganz andere Wertschätzung bei den Dorfbewohnern genießen.

Gerade dieser Vergleich Vorher-Nachher machte mir die Entwicklungen des letzten Jahres sehr deutlich: Manche lagen in der Natur der Sache: So flitzte Missy z.B. nun schon alleine durch den Garten.
Manche Entwicklungen wurden mir erst beim näheren Hinsehen sichtbar, wie z.B. die harmonische Gemeinschaft zu Tisch, bei der man zwar immer noch mal auf den Teller des Anderen schielt, sich aber nicht mehr daran bedient, im Vertrauen darauf, jeden Tag wieder neu satt zu werden. Wiederum andere waren sofort augenscheinlich: Dazu gehörte die Möglichkeit, sich nun mit unserer Memory austauschen zu können, die nach nur einem Jahr Boarding School ein schon recht passables Englisch spricht oder Sem, der durch eine erstmalig erlebte Familienzugehörigkeit durch Aufnahme in Peters Familie (unser Projektleiter) an Selbstvertrauen gewonnen hat und heute ein fast normales Sprachverhalten an den Tag legt.

Alles in allem ein wunderbares Jahr 2010 für Kunyumba, welches hoffentlich 2011 seine Fortsetzung findet und dem Vergangenen hinsichtlich Wachstum und Erfolg in nichts nachsteht.

Wir danken Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstützung und wünschen auch Ihnen einen guten Start in das nächste Jahr!

Kunyumba e.V.
Sarah Kempel






Kunyumba e.V.
Am Beethovenpark 40
D-50935 Köln